zu zweit
Wie Europa zerfallen die Alpen in einzelne Täler, Seen und Städte, in unterschiedliche Volksgruppen und Sprachen, in Stimmen und Stimmungen. Ironisch und intelligent erforscht Zsuzsanna Gahse diese Vielfalt und findet dafür in den »Instabilen Texten« eine radikale Form. In Betrachtungen, Geschichten und Gegengeschichten tastet sie sich an Gegenden und Personen heran. Mit der heimlichen Hauptfigur Pierre erwandert sie die steile Grammatik der Stadt Lausanne, der unheimlichen Hochtal-Berta erzählt sie in den Bergen Sagen. Bei einer Vernissage hält die faltenreich vergreiste Europa Hof, in einem Festsaal schreiten dünnhäutige Glühbirnenköpfe zum Rednerpult. Ein Licht-Logbuch verzeichnet die wechselnden Stimmungen an Seen – und auch ein Liebesroman im SMS-Format fehlt nicht in dieser Phänomenologie der mobilen Welt.
Zsuzsanna Gahse ist ein Buch geglückt – leicht, witzig und hintergründig –, dessen Bilder immer wieder neue Sichten auf Kleineuropa und seine Bewohner freigeben.
Gestern: Licht, heute: Licht, morgen: Licht. Eine ganz eindeutige Zugehörigkeit hat das Licht, es gehört dem Tag.
Alle Augen glänzen, alle Leute haben Haut am Sommerabend, und die Hauswände, die Markisen, die Tische, die Gläser, die künstlichen Kakteen haben sich vollgetrunken mit dem rotorangenen Abend, der flach und groß aus dem See steigt.
Es ist gleich neunzehn Uhr, und ich weiß, dass die Leute, die auf der Straße und am Seeufer in Richtung Westen gehen, ein auffallendes Liebeslicht in ihren Gesichtern haben, bis weit nach neun Uhr abends.
Zsuzsanna Gahse, »Instabile Texte«. zu zweit
Originalausgabe
Mit 6 Textzeichnungen der Autorin
144 Seiten, Hardcover, Fadenheftung, mit Schutzumschlag und Lesebändchen
€ 18,50 inkl. MwSt
ISBN 978-3-902113-41-2
Erschienen im Oktober 2005