Gedichte
»Das ist ganz selten: Anja Utler empfindet die Sprache. Daher schreibt sie so hart und so blitzend, so mitleidend genau. Daher die sibyllinische Klarheit und der bestürzende Reichtum ihres Gedichts.
Thomas Kling
Ich kenne jetzt kaum jemanden, egal in welchem Alter, der Anja Utler das Wasser reichen könnte. Das gilt auch für die hoch entzündliche Präzision ihres Vortrags. Respekt.«
Diese Gedichte »strudeln«, »entstieben«, sie dringen unter die Haut, reichen bis tief in die Lungenspitzen, lösen die Zunge. Der Sprachsog von Anja Utlers lyrischen Verflechtungen zieht uns hinein ins Wechselspiel jener ungeschiedenen, vorbewussten Ganzheit, wo Innen und Außen, Körperliches und Naturhaftes in- und auseinander fließen. Ganz dem Augenblick verpflichtet, rühren sie an jenen Grund, wo das Sprechen beginnt, wo das Fühlen, das Denken sich sammelt und umschlägt, aus dem Körper bricht, eher noch Atemgeräusch denn gestalteter Laut. Und zischelnd, knackend, murmelnd blitzt aus dem sich reibenden, klingenden In-, Mit- und Gegeneinander die anarchisch-lebendige Welt hervor – ungeschaut, geheimnisvoll.
Für ihre Gedichte aus »münden – entzüngeln« wurde Anja Utler die wichtigste Auszeichnung für junge Lyrik im deutschsprachigen Raum, der Leonce-und-Lena-Preis, verliehen. Die Jury würdigte die gespannte Balance ihrer Gedichte als »Sprachspiele gesteigerter Weltwahrnehmung, die aus der Substanz der Wörter jene Leuchtstreifen entwerfen, an denen sich unsere Neugierde, aber auch unsere Verstörungen im Erkunden der Sprache entlang tasten«.
und endlich auch: atmen wollen, taun, wie der
see aus dem: schilf klaffen, triefen, die
kiefer das: kinn aus dem schlick scheiden,
trennen, und: abschenkeln, wieder die
lippen sich auf, aus dem rohr schneiden,
schlitzen, die kehle zum gaumen hin bricht:
an dem halm sich der laut
Anja Utler, »münden – entzüngeln«. Gedichte
Originalausgabe
96 Seiten, Hardcover, Fadenheftung, mit Schutzumschlag und Lesebändchen
€ 17,40 inkl. MwSt
ISBN 978-3-902113-33-7
Erschienen im September 2004