Naqoura

Franz Hammerbacher

Miniaturen

Die Szene wirkt wie aus dem Repertoire des absurden Theaters: Ein kleiner Flecken in der Südwestecke des Libanon. Eine staubige Landstraße, die gen Süden ins Niemandsland führt. Direkt am Küstensaum liegt Camp Naqoura, das Hauptquartier der UN-Friedensmission im Libanon. Mehr als dreitausend Soldaten versehen hier als »eingezäunte Zweibeiner im Gehege« einen Dienst, dessen Sinn sich aus der Innenperspektive nicht erschließt.

Franz Hammerbacher, der bereits mit »Bravo Hotel« ein viel beachtetes Buch über den Soldatenalltag als Peacekeeper vorgelegt hat (»eine von Grund auf zivile, in einem ursprünglichen Sinne freundliche Phänomenologie«, so die Neue Zürcher Zeitung), hat sich noch einmal sonder Vorbehalt dem Mikrokosmos Bundesheer ausgesetzt und überrascht nun mit einem neuen, vielgestaltigen Band, der auch Gedichte, ein Kochrezept, ein Dramolett und einige Readymades, etwa zur »Rasureinschränkung«, enthält.

»Naqoura« versammelt lakonische Miniaturen aus dem Innenleben einer militärischen Gemeinschaft, die einmal mehr auf vergnügliche Weise zeigen, dass Sprache auch in sozial extremen Lagen ein probates Mittel ist, der Welt zu begegnen.

SCHEREREI

Ein altes Sprichwort sagt: Den Roggen, den man erntet, muss man teilen. Davon kommt der Ausdruck »Schererei« (engl. »share a rye«). Wie viel ein Soldat im Auslandseinsatz verdient, steht auf der Webseite des Bundesheers – die Basis der Schererei. Als kleines Zubrot erhalten wir noch UN-Taggeld, das monatlich bar ausbezahlt wird: 1,28 US-Dollar pro Tag. »Das ist das Geld, von dem die Frau daheim nichts weiß«, sagt Wachtmeister Karastein. »Wenn die meine davon erfährt, will sie gleich nochmal mehr Maut.«


Franz Hammerbacher, »Naqoura«
Miniaturen
Originalausgabe
154 Seiten, Flexcover, Fadenheftung
€ 18,– inkl. MwSt
ISBN 978-3-902951-22-9
Erschienen im Juli 2018


Leseprobe

Zur Autorenseite