Schlüssel zum Offenen

Margret Kreidl

Gedichte

Spiel und Regel gehören für Margret Kreidl zusammen, gerade im Gedicht. Sie verwendet in »Schlüssel zum Offenen« das G-E-D-I-C-H-T buchstäblich, als Codewort für ihre siebenzeiligen Gedichte. Mit dieser strengen Vorgabe macht sie die Möglichkeiten des lyrischen Sprechens sichtbar: freie Verse, Reime, Listen, Zeilensprung.
Die Autorin verortet ihr Schreiben in der Zeit, in der Auseinandersetzung mit einer Gesellschaft, deren Krise sich in der Sprache spiegelt. Sie versteht das Gedicht immer auch als Dialog mit anderen, mit Literatur, Kunst und Medien. So kommen Anne Carson und Candy Crash zusammen, Live-Ticker und Märchenmotive, Tendenzbären und Trolle, Wanderkrapfen, der Hinkjambus und das türkische Wort haymatloz. Die Lust am Wort und die assoziative Bildkraft dieser Gedichte beflügeln nicht nur unsere Phantasie, sondern schärfen zugleich das Bewusstsein.
Mit ihren GEDICHT-Gedichten nimmt Margret Kreidl das Spiel mit dem Akrostichon auf und reflektiert seine Form in einer Serie von 107 Leistengedichten, die zeigen, wie produktiv Selbstbeschränkung für unsere Gegenwart ist, für das Gedicht.

Geschichtete Linien, verwischte Flecken,
ein Satz treibt aus: Blätter und Blüten,
die meine gemischten Gefühle beschreiben.
Ich als Blattwerk: Furcht und Entzücken.
Chrysanthemen sind goldene Bitten.
Hast du auch ein Blütengeheimnis?
Teil es mit mir, das Blühen der Krise.

Gibt es eine stumme Göttin des Begriffs,
eine verborgene Herrscherin über
das Ding an sich? Mit der Maske
im Gesicht verstehst du nichts.
Cindy Klink will deine Lippen lesen.
Hörst du mich? Das Mundbild fehlt. Wie
teile ich meine Gebärden mit dir?


Margret Kreidl, »Schlüssel zum Offenen«. Gedichte
Originalausgabe
114 Seiten, Hardcover, Fadenheftung, mit Schutzumschlag und Lesebändchen
€ 18,– inkl. MwSt
ISBN 978-3-902951-64-9
Erschienen im März 2021

»Schlüssel zum Offenen« wurde von der Jurorin Daniela Strigl ausgewählt für die Lyrik-Empfehlungen 2022. Eine lesenswerte Besprechung des Bandes finden Sie auf literaturkritik.de.


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