Träumeerzählen

»… Geschichten, ein Leben also, ein Diagramm, eine Lüge, wo die Wahrheit irgendwo durchbrechen wird, weil sie sich nicht im Zaum halten lässt. Plötzlich tritt sie offen zutage, ein Licht im Zenit, nachtenthoben und herkunftenthoben, fragmentarisch wie wir.«

Eine Suite legt Erich Wolfgang Skwara hier vor: sieben Sequenzen eines Erzählers, der Sinnesbetäubung nicht hinzunehmen bereit ist, der von einem Hunger nach Leben, einer einzigen Gier nach Welt angetrieben wird, und der (uns allen) die Frage stellt, ob wir zum Augenblick ozeanischen Glücks denn befähigt sind. Die Antwort, weiß Skwara, sind Lektionen der Vergänglichkeit. »Nichts zählt außer dem Vollendeten, und auch das zählt nicht, wie alles Vollkommene uns beweist.« Am Ende, des unerlaubt Greifbaren gewärtig, können wir mit unseren Begierden und Träumen nichts anfangen. Und doch: »Die Schönheit zu bewundern, das Licht anzubeten bleibt Narrenpflicht.«

Oft war der Träumer aus dem Bett gesprungen und hatte nach Papier und Stift gesucht, um seinen Traum aufzuschreiben, fieberhaft wie ein Dieb, der – schon hört er Schritte, schon glaubt er sich ertappt – seine Beute in Sicherheit bringen will. Aber wie schäbig und ohne den erwarteten Glanz dann diese Beute bei näherem Hinsehen war! Nicht selten hatte seine schlaftrunkene Schrift sich ihm verweigert, schon Stunden später hatte er sie nicht mehr lesen können. Alles Entziffern scheiterte an entgleisten Buchstaben, verknoteten Zeichen, wild steigenden oder fallenden Zeilen, die einander durchkreuzten zum schwarzen Nichts. Keine Anstrengung, sich zu erinnern, half. Es lag auf der Hand, dass eine Schrift, die selbst der Schreibende nicht lesen konnte, zum Lesen nicht bestimmt war. Nicht jeder Traum gehörte dem Träumer, durch dessen Kopf er geblitzt oder geschlichen war.


Erich Wolfgang Skwara, »Träumeerzählen«. Eine Suite
Originalausgabe
40 Seiten, Französische Broschur, Fadenheftung
€ 9,– inkl. MwSt
ISBN 978-3-902113-19-1
Erschienen im Juli 2002


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